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Sehen (visuelle Wahrnehmung)

Wie funktioniert das Sehen?

Die visuelle Wahrnehumg gehört mit zu den komplexesten Funktionen des menschlichen Körpers. Zwar kann mittlerweile ziemlich genau die Reizaufnahme vom Auge, über die nervliche Weiterleitung bis hin in die Strukturen des visuellen Cortex' nachvollzogen werden; wie das Gehirn diese Informationen aber im Detail wieder zusammengesetzt und angemessen interpretiert, ist bei weitem noch nicht abschließend erforscht. Doch was nehmen wir eigentlich, auf physikalischer Ebene betrachtet, wahr?

Unsere Wahrnehmung basiert in erster Linie auf Lichtwellen. Auf der Netzhaut befinden sich unterschiedliche Rezeptortypen, die diese Lichtwellen in elektrische Signale umwandeln und über den Sehnerv zum Gehirn weiterleiten. Das Spektrum des Lichts das unser Auge in der Lage ist wahrzunehmen, reicht etwa von 380 nm - 780 nm. Bei der Betrachtung eines Regenbogens fallen besonders die Farben Violett, Blau, Grün, Gelb und Rot auf. Dazwischen existieren aber noch unzählige Zwischentöne, sowie Unterschiede in der Helligkeit der Farben. Schätzungen über die Anzahl der vom Menschen wahrgenommenen Farben schwanken zwischen 100.000 und 15 Millionen Farben.

Viele Tierarten nehmen auch außerhalb dieses Spektrums (380-780nm) Licht wahr. Z.B. Ultraviolette Strahlung unter 380 nm (Insekten) oder Infrarotstrahlung über 780 nm (einige Fischarten). Das bedeutet zugleich auch, dass "unsere" wahrgenommene Welt nur ein Ausschnitt dessen ist, was real existiert. Im Verlauf der Evolution hat sich für die ökologische Nische, die der Mensch besetzt, dieses Spektrum als vorteilhaft erwiesen. Tierarten mit anderen Lebensumgebungen können dagegen von einem anderen wahrgenommenen Strahlungsbereich profitieren.

Im Folgenden sind die wesentlichen Abläufe des Wahrnehmungsprozesses dargestellt. Der Aufbau des Auges sowie der Vergleich von Stäbchen und Zapfen verfügen über je einen eigenen Artikel.

Ablauf der visuellen Wahrnehmung

1. Das Auge
Lichtwellen fallen durch die Hornhaut (Cornea) des Auges, über Pupille, Linse und Glaskörper auf die Netzhaut (Retina) ein. Während die Hornhaut das Auge vor äußeren Einflüssen schützt und für die Lichtbrechung sorgt, reguliert die Pupille den Lichteinfall. Die Linse bündelt das Licht, welches daraufhin den dahinterliegenden Glaskörper, eine gelatineartige Substanz passiert, und auf die Retina trifft. Mittels der Netzhaut werden die Lichtwellen in elektrische Erregungen umgewandelt. Dazu verarbeiten die sogenannten Bipolaren Nervenzellen auf der Retina die Informationen der Fotorezeptoren (Stäbchen und Zapfen) und geben diese an die Ganglienzellen weiter. Die Ganglienzellen bilden die innerste Schicht des Auges und leiten die elektrischen Erregungen auf den Sehnerv (Nervus opticus) über.

2. Der Sehnerv
Vom linken und rechten Auge verläuft je ein Sehnerv, der widerum aus ca. 800.000 Nervenfasern besteht. Am Chiasma opticum überkreuzen sich beide Sehnerven und gehen in den Tractus opticus über. Wegen der Sehnervenkreuzung erhält die linke Gehirnhälfte die Informationen des rechten Auges, und die rechte Gehirnhälfte die des linken Auges.

3. Das Gehirn: Thalamus, Hirnstamm und Sehrinde
Die Sehnerven des Tractus opticus führen die visuellen Informationen in Form von elektrischen Erregungen zum Corpus geniculatum laterale, einem Kern im Thalamus. Hier münden etwa 85% der Nervenfasern, die anderen 15% verlaufen weiter zum Hypothalamus und Epithalamus. Jene Informationen dienen nicht der visuellen Verarbeitung, sondern Reflexen, die im Zusammenhang mit dem Sehen stehen, etwa der Pupillenreflex, der Lidschlussreflex oder die Akkomodation der Augen.
Im Corpus geniculatum geschieht ein wesentlicher Teil der visuellen Verarbeitung. Von dort werden die Informationen weiter zur Sehrinde (visueller Cortex) geleitet. Der visuellen Cortex weist eine besonders hohe Dichte an Nervenzellen auf, da er die ankommenden Informationen abbildet. Für die Interpretation, Wiedererkennung von Objekten oder die Gesichtserkennung sind dann weitere, mit dem visuellen Cortex verbundene, Gehirnstrukturen beteiligt.

Zusammenfassung

  • Das menschliche Auge kann nur Lichtwellen im Bereich von 380-780 nm wahrnehmen.
  • Lichtwellen treffen durch Hornhaut, Pupille, Linse und Glaskörper auf die Retina. Bipolare Nervenzellen wandeln die Lichtwellen in elektrische Reize um und leiten diese über den Sehnerv weiter. Am Chiasma opticum kreuzen sich die Sehnerven beider Augen und gehen in den Tractus opticus über. Dieser Nerv verläuft bis in den Corpus geniculatum, einem Kern im Thalamus. Dort werden die Reize zur Sehrinde weitergeleitet. Am Wahrnehmungsprozess sind daraufhin noch zahlreiche weitere Gehirnareale beteiligt, u.a. um das Gesehene interpretieren zu können.